Als erster japanischer Motorradhersteller eröffnet Honda 1961 eine Europa-Niederlassung: die Honda Motor Trading Company in Hamburg. Zu dieser Zeit hat sich das aufstrebende Unternehmen bereits in seiner Heimat als Nummer eins etabliert und begonnen, den amerikanischen Markt zu erobern. Ebenfalls 1961 feiert Honda als GP-Newcomer die ersten Titel in den Klassen 125 und 250 ccm der Straßenweltmeisterschaft.
Am Anfang eines kometenhaften Aufstieges steht ein Zweitaktmotor mit 50 ccm Hubraum und nur 0,5 PS, der zur Not auch mit Terpentin läuft – in Japan nach dem Zweiten Weltkrieg ein gewichtiges Kaufargument. 1947 präsentiert Konstrukteur Soichiro Honda dann sein erstes komplettes Motorfahrrad Model A, das auf Anhieb zum Marktführer avanciert. Dadurch ermutigt, gründet er im Jahr darauf die Honda Motor Co., Ltd.
Mit der von einem Pressstahlrahmen getragenen Dream D, deren Zweitaktmotor bei 5000/min drei PS aus 98 ccm leistet, folgt Ende 1949 das erste Motorrad. In einem nahezu identischen Fahrgestell debütiert dann 1951 der erste Viertakter Dream E. Der Hubraum des Ohv-Einzylinders beträgt 146 ccm, 5,5 PS bei 5000/min ermöglichen eine Höchstgeschwindigkeit von immerhin 80 km/h. Bald verkauft Honda von der Dream E bis zu 130 Einheiten täglich. Auch das Motorfahrrad Cub F, ein technisch verbesserter Nachfolger des Model A, erfreut sich großer Nachfrage.
So expandiert das Unternehmen rasant. Zur jährlich modellgepflegten Dream gesellen sich die Benly mit zunächst 90 ccm und der Scooter Juno K. 1955 sorgt Honda mit der Dream SA einmal mehr für Aufsehen. Auch dieser Viertelliter-Viertakter läuft auf schmalen 19-Zoll-Rädern, wirkt aber moderner als die Dream und erwachsener als die Benly. Mit seiner nun obenliegenden Nockenwelle für den Ventiltrieb (Ohc) ist der 10,5 PS starke Motor Vorreiter für eine Technik, die nicht nur bei Honda bald als Standard gilt.
Die C 100 Super Cub: Vom Lieferfahrzeug zum Bestseller
Seinen wohl einträglichsten Coup landet Soichiro Honda 1958 mit der C 100 Super Cub. Als Nachfolger der erfolgreichen Cub (Cheap Urban Bike) ist die C 100 vor allem anspruchslos, belastbar und als Lieferfahrzeug auch einhändig zu dirigieren. Die Kombination von rollertypischen Elementen wie freiem Durchstieg, Beinschutz und Automatikgetriebe mit 17-Zoll-Rädern kommt bestens an. Zunächst von einem 4,8 PS starken Ohv-Viertakter, mit der C 65 von 1964 dann von Ohc-Singels angetrieben, verkauft sich die Super Cub in diversen Varianten bis 2008 über 60 Millionen Mal und ist damit das am meisten produzierte Motorrad überhaupt.
Die Zeit der Mini-Bikes
Die Super Cub-Viertakter mit ihren liegend angeordneten Zylindern verbaut Honda auch in diversen anderen Maschinen wie der sportlichen SS 50 von 1968 oder den Mini-Bikes Dax ST und Monkey. Deren Urahn erscheint 1960 als CZ 100 mit dicken Fünfzoll-Reifen. Die Monkey startet ihre Karriere dann 1967 als Z 50M mit dem Ohc-Motor der C 50. Später bekommt die Z 50 Achtzoll-Räder und Heckfederung spendiert.
Heute genießen die Monkey, aber auch ihr Ableger Gorilla und die etwas größere Dax mit klappbarem Lenker Kultstatus bei Sammlern und Tunern.
Reihenweise Weltmeistertitel
Mittlerweile hat Honda im Straßenrennsport 16 WM-Titel eingefahren. Zunächst treten die RC-Renner in den Klassen 250 und 350 ccm mit Reihenvierzylindern, ab 1965 sogar mit Sechszylindern an. In der Achtelliterklasse wächst die Zylinderzahl derweil auf fünf.
Der Fortschritt im Rennmotorenbau spiegelt sich vor allem im Leistungszuwachs wider: Die RC 161 von 1960 produziert 35 PS bei 13.500/min, ihr sechszylindriger Nachfolger RC 166B (1967) bereits 59,2 PS bei sagenhaften 17.000/min.
Hondas „Black Bomber“
Die im Rennsport gewonnenen Erfahrungen schlagen sich alsbald in der Modellpalette nieder. Als erstes Straßenmotorrad mit zwei obenliegenden Nockenwellen sorgt 1965 die CB 450 für Aufsehen: Der „Black Bomber“, wie die Ur-CB 450 genannt wird, leistet zunächst 43 PS bei 8500/min und gibt sich dabei verblüffend durchzugsstark.
CB 750 Four: Ein Stück Motorradgeschichte
1968: Die CB 750 Four setzt mit ihrem 67 PS starken Reihenvierzylindermotor neue Maßstäbe und gibt maßgebliche Impulse für die weitere Entwicklung im Motorradbau. Zehn Jahre bereichern die Ohc-Modelle das Modellprogramm, zuletzt auch in der Chopperversion CB 750 C für den US-Markt. 1971 folgt die CB 500 Four, 1972 die CB 350 Four.
Die Enduro-Vorfahren
Da Motorräder nicht nur auf Asphalt bewegt werden, hatte Honda schon ab 1958 Scrambler-Versionen diverser Straßenmodelle im Programm. Vor allem in den USA erfreuen sich diese grobstollig bereiften Offroader einiger Beliebtheit. Nachdem zwei Amerikaner 1968 mit einer CL 350 die Baja California gewinnen, präsentiert Honda im folgenden Sommer die konsequenter auf Geländeeinsätze zugeschnittene SL 350 Motorsport. Mit seinem 25 PS starken Zweizylinder und dem 19-Zoll-Rad vorne gilt der 142 Kilo schwere Twin als Ur-Enduro.
Gold Wing – der nächste Meilenstein
Während die CB 750 Hondas Position als Marktführer zementiert, arbeiten die Ingenieure in Japan bereits am nächsten Meilenstein, der 1974 vorgestellten GL 1000 Gold Wing. Erstmals setzt Honda auf einen Vierzylinder-Boxer und erstmals übernimmt eine Kardanwelle den Antrieb zum Hinterrad. Als Reisemotorrad besticht die 82 PS starke Gold Wing mit Durchzugsstärke, Laufkultur und Komfort. Die auf ihr basierende GL 1100 DX mit Verkleidung begründet 1981 die Klasse der Supertourer. 1987 folgt als erster Sechszylinderboxer die GL 1500, dann 2001 die bis heute gebaute GL 1800. War schon die GL 1500 mit Audioanlage, Tempomat oder elektrischer Rückfahrhilfe reichhaltig ausgestattet, besitzt die 1800er seit 2006 als erstes Serienmotorrad sogar einen Airbag.
Neue Akzente in der Mittelkasse
Doch hat Honda nicht nur die gut betuchten Tourenfahrer im Visier. Mit der im Dezember 1977 vorgestellten CX 500 bietet die Marke ein Modell an, das mit seinem längs eingebauten 80-Grad-V-Zweizylinder, Vierventiltechnik und Kardan neue Akzente in der Mittelklasse setzt. Nach der Gold Wing ist sie die zweite Honda mit Flüssigkühlung und Doppelscheibenbremse vorne. Und wie die im gleichen Jahr erscheinende CBX 1000 läuft der 50 PS leistende V-Twin auf innovativen „ComStar“-Verbundrädern mit schlauchloser Bereifung. 1980 folgt der Softchopper CX 500 C, dann die komplett neu gestylte CX 500 Euro und ein weiteres Jahr später die GL 500 Silver Wing mit rahmenfester Tourenverkleidung. Doch trotz Hubraumaufstockung auf 650 ccm ist der CX-Reihe kein langes Dasein beschieden – ab 1983 gehört den quer eingebauten V-Zwei die Zukunft bei Honda.
Mit sechs Zylindern auf Touren
Als neues Top-Modell tritt Anfang 1978 die „CBX 1000 Supersport“ mit einem 105 PS kräftigen Sechszylinder-Reihenmotor an. Wie bei den RC und RCB-Rennern übernimmt ein Dohc-Vierventil-Zylinderkopf die Gassteuerung. Sechs Vergaser bereiten das Kraftstoffgemisch auf. Für 1981 konzipiert Honda den Sechszylinder mit einer Verkleidung konsequent als Tourer um. Die Hinterradschwinge stützt sich nun über ein Zentralfederbein ab, dessen Hebelanlenkung eine progressive Abstimmung erlaubt. Dieses „Pro Link“-System findet bald auch in zahlreichen weiteren Honda-Modellen Verwendung.
Das erste echte Superbike
Die Tradition der Reihenvierzylinder führt ab 1978 die CB 900 F Bol d’Or fort. Mit 95 PS bei 9000/min setzt der Dohc-Zweiventiler in dieser Klasse neue Maßstäbe. 1981 stellt Honda ihr die verschalte CB 900 F2 zur Seite. Die CB 750 F/F2 sowie die auf mehr Durchzug ausgelegte CB 1100 F Super Bol d’Or von 1982 komplettieren die Modellreihe ebenso wie Chopper-Ausführungen. Für den US-Markt offeriert Honda die CB 900 C mit Kardan und Zweigang-Vorgelegegetriebe – also insgesamt zehn Gängen.
Mit dem „R“ ins Supersportsegment
Als sportlichster Ableger der Bol d’Or-Reihe ist die CB 1100 R von 1980 technisch mit den RCB-Rennmaschinen verwandt, mit denen Honda seit 1976 die Langstrecken-WM dominiert. Von der Basismaschine unterscheidet sich die 115 PS leistende „R“ vor allem durch Vierventilköpfe, höhere Verdichtung und die Verwendung besonders hochwertiger Materialien. Vollverkleidet und in zahlreichen Details überarbeitet, deckt die CB 1100 R ab 1982 weitere zwei Jahre das Supersportsegment ab.
Mit dem Turbo der Konkurrenz voranNeuland betritt Honda 1980 mit der CX 500 TC. Um den V-Twin für den Turbolader und 82 PS standfest zu machen, wird der Motor von Grund auf überarbeitet. Zudem übernimmt mit der kennfeld- und sensorengesteuerten CFI (Computerized Fuel Injection) erstmals bei Honda eine Einspritzanlage die Kraftstoffaufbereitung. Mit der TC, die ab Ende 1982 auch mit 650 ccm angeboten wird, ruft Honda die japanische Konkurrenz auf den Plan, die bald ebenfalls Ladermotoren anbietet. Doch währt diese Ära nur kurz – die meisten Biker bevorzugen Hubraum statt Turbo-Technik.
Das legendäre V4-Konzept
Den bekommen sie 1984 mit der VF 1000 F und deren supersportlichem Ableger VF 1000 R. Honda entschließt sich zum V4-Konzept, weil sich damit schlankere, leichtere und leistungsfähigere Triebwerke realisieren lassen. Als Weiterentwicklung der VF 750 S von 1982 brilliert die „F“ mit 116 PS bei 10.000/min. Während sie sich wie die Hubraumvarianten 400, 500 und 750 mit kettengetriebenen Nockenwellen für die Vierventilköpfe bescheiden muss, erhält die 122 PS starke VF 1000 R einen aufwändigen Zahnradantrieb. Bis heute sind V4-Motoren ein wichtiger Eckpfeiler im Programm von Honda.
Von der Rennstrecke auf die Straße
Durch die Dominanz der Zweitakter im Rennsport kommt Honda nicht umhin, sich ab den 1970er Jahren auch dieser Motorentechnik zu widmen. Den Anfang macht 1973 die Motocrossmaschine CR 125, 1982 folgt die NS 500 für Straßenrennen. Als käuflicher Ableger bereichert ab 1984 die NS 400 R die Modellpalette. Im Leichtmetallfahrwerk der trocken 163 Kilo leichten 400er produziert ein flüssiggekühlter 90-Grad-V-Motor mit zwei liegenden und einem stehenden Zylinder 72 PS bei 9500/min. Die ATAC-Auslasssteuerung verbessert die Kraftentfaltung im unteren Drehzahlbereich. Das Nachfolgemodell NSR 250 mit nunmehr zwei Zylindern in V-Anordnung wird von 1986 bis 1997 angeboten.
Die neue Viertelliter-Klasse
Auch die Liebhaber von Viertaktrennern kommen ab Mitte der 1980er Jahre nicht zu kurz. Mit der CBR 250 F lässt Honda die glorreichen Jahre der RC-Rennmaschinen wieder aufleben. Vierventiltechnik und zahnradgetriebene Nockenwellen erlauben beim Nachfolgemodell CBR 250 RR Drehzahlen bis 19.000/min. Die in der CBR bis zu 45 PS starken und dabei standfesten Reihenvierzylinder kommen mit leicht entschärfter Abstimmung ab 1996 in der CB 250 F Hornet zum Einsatz.
Africa Twin und Transalp: Großenduros mit Kultstatus
Bereits 1983 hat Honda mit der XLV 750 R eine erste Großenduro im Angebot. 1987 folgt die XL 600 V Transalp und ein Jahr später die noch konsequenter für Fernreisen konzipierte XRV 650 Africa Twin. Beide Modelle sind mit flüssiggekühlten Dreiventil-V-Twins mit 52 Grad Zylinderwinkel motorisiert, wie sie seit 1983 (VT 500 E) in diversen anderen Modellen und Hubraumvarianten verbaut werden. Die ab 1990 auf 742 ccm aufgestockte und bis 2003 verkaufte Africa Twin genießt mittlerweile Kultstatus, die mehrfach modernisierte Transalp bereichert heute mit 680 ccm und Kraftstoffeinspritzung das Honda-Programm.
Außergewöhnlich und exklusiv: die NR 750
Mit der NR 750 beweist Honda 1991 einmal mehr seine außergewöhnliche technische Kompetenz. In Anlehnung an die NR 500-Werksrenner, mit denen Honda 1979 wieder in den Straßen-GP-Sport einstieg, besitzt der V4-Motor nicht runde, sondern langgestreckte – gängig als oval bezeichnete – Kolben sowie acht Ventile pro Zylinder. Neben dieser Besonderheit stecken in dem auf 318 Exemplare limitierten Technologieträger über 200 Patente und innovative Detaillösungen wie die Underseat Schalldämpferanlage.
Die Geburt eines Supersportlers
Nach den dynamischen VFR- und CBR-Modellen ist die Zeit für einen Supersportler reif. Mit der CBR 250 RR und der CBR 400 RR hat Honda bereits ein probates Konzept parat. So tritt die CBR 900 RR Fireblade 1992 mit nur 207 kg vollgetankt und 124 PS bei 10.500/min an. Doch die rasante Entwicklung bei den Supersportlern erfordert alle zwei Jahre Updates. Bis heute wuchs der Hubraum auf den vollen Liter und die Leistung auf 178 PS. Seit 2009 ist die Fireblade als erster Supersportler neben der CBR 600 RR mit dem Combined ABS erhältlich. Ebenso exklusiv: der elektronisch geregelte Lenkungsdämpfer.
Sauberer Offroadrenner mit Rallye-Erfahrung
Mit der CRM 250 AR zeigte Honda 1997 auf, welches Potenzial noch in Zweitaktmotoren steckte. Die 40 PS leistende Enduro basiert auf dem Offroadrenner EXP.2, den das Werk bei der Rallye Granada-Dakar eingesetzt hatte. Das AR-System führt unverbrannte Kraftstoffanteile wieder der Verbrennung zu. Ein PGM-Zentralrechner mit diversen Sensoren sorgt für einen unter allen Bedingungen optimalen Motorlauf, reduzierten Benzinverbrauch und in Zusammenarbeit mit einem Doppelkatalysator für eine deutliche Schadstoffreduzierung.
VTEC: Mit Power zur Performance
Um Drehfreudigkeit und Durchzugsstärke optimal zu kombinieren, entwickelt Honda die variable Ventilsteuerung VTEC (Variable Valve Timing and Lift Electronic Control). Zunächst 1999 in der CB 400 Super Four verbaut, aktiviert sie jeweils das zweite Ventilpaar pro Zylinder erst bei 6750/min per Hydraulik. Ab 2002 verfügt auch die VFR 800 über diese Technik. Bereits 1983 debütierte die hydraulische Ventilsteuerung in der CBR 400 F unter der Bezeichnung „Revolution Modulated Valve Control“ (R.E.V.).
Die Ära der Powercruiser
Schon mit dem Gold Wing-Ableger F6C (Valkyrie) beweist Honda 1996, dass Cruisen nicht zwingend Leistungsverzicht bedeutet. Doch begründet wird die Ära der Powercruiser erst 2001 mit der VTX 1800, die ihre 97 PS bei nur 5000/min aus einem mächtigen V-Twin schöpft. Um diese Leistung und vor allem das maximale Drehmoment von 156 Nm bei 3000/min auf den Asphalt zu bringen, läuft die VTX auf einem Hinterrad der Größe 180/70 R 16. Trotz ihrer respektablen Ausmaße und des gewaltigen Hubraumes besticht die VTX durch hohe Laufkultur und gutes Handling.